

In Boitzenburg stand die Wiege von Friedrich Schillers Arnheim. Gleich viermal erwähnt der Dichter in seiner Wallenstein-Trilogie den 1583 geborenen und 1641 verstorbenen Hans Georg von Arnim.
Arnheim, wie Schiller den Feldherrn des Kurfürsten von Sachsen in seinem 1799 vollendeten Dramen-Dreiteiler nannte, unterzeichnete seine Briefe oder Dokumente wie die Urkunde zum Waffenstillstand von Schweidnitz 1633 allerdings selbst mit Hans Georg von Arnimb. In den Aufzeichnungen von Zeitgenossen finden sich aber auch Versionen wie Arnhaimb oder Arnheymb. Am meisten zitiert dürfte in Bezug auf den kursächsischen Feldmarschall der Satz Terzkys zu Wallenstein aus dem 5. Auftritt des zweiten Aktes in „Die Piccolomini“ sein: „Der Oxenstirn, der Arnheim, keiner weiß, was er von deinem Zögern halten soll.“ Diese Worte fanden sogar ihren Weg in das von den Brüdern Grimm begonnene und in 33 Bänden erst 1960 vollendete größte deutsche Wörterbuch.
Bei Ricarda Huchs „Der Krieg in Deutschland“, einem Dreibänder von rund 1500 Seiten aus den Jahren 1912 – 1914, ein episches Werk über den Dreißigjährigen Krieg, das gern mit Grimmelshausens „Simplicissimus“ verglichen wird, legt die Schriftstellerin dem Boitzenburger Arnim die griechischen Größen Perikles und Thukydides in den Mund, um den staatsmännischen Grundsatz zu stützen, dass „Krieg nur als Mittel zum Frieden“ anzusehen ist.
Auch Alfred Döblin geht sehr frei mit der Geschichte um. In seinem 1920 erschienenen Roman „Wallenstein“ unterstellt der Autor in einer Art satirischen Beschreibung für die launische Bosheit seines Wallensteins, dem Generalissimus sogar die Absicht, Arnim gefangen nehmen zu lassen. Durch keine Zeile in überlieferten authentischen Briefen beider Protagonisten ist davon etwas zu finden. Das stellte auch Golo Mann fest, der 1971 seine Wallensteinbiografie vorlegte. Sie ist allerdings keine Präsentation von Forschungsergebnissen, sondern eine Geschichtserzählung, jedoch eine unter intensivster Quellenbenutzung entstandene.
Golo Mann: „Er lebte fromm, dass man ihn einen ‚lutherischen Kapuziner’ nannte; trank nicht, wo seine Kameraden einander unter den Tisch soffen; bereicherte sich nicht, oder nur wenig; wo Andere Riesenvermögen erwarben; hörte gern die täglichen Ermahnungen seines Predigers Dr. Christopher Preisebius (1580 – 1651); betete mit seinen Soldaten vor jedem Waffengang (…); hielt auf Disziplin und Schonung der heimgesuchten Bürger wie kein anderer Kommandant.“
Doch nicht nur frommer Kriegsmann war Hans Georg von Arnim. Er war überaus gebildet, sprach fließend Französisch, Schwedisch und Latein und wurde 1635 durch den Fürsten von Anhalt Köthen in die Fruchtbringende Gesellschaft, die größte literarische Gruppe des Barocks aufgenommen. Sein dortiger Gesellschaftsname war „Der Gepriesene“. Er verfasste selbst Gedichte (siehe unten).
Der 1994 verstorbene Historiker, Schriftsteller und Philosoph Golo Mann nennt Hans Georg von Arnim einen „Militär-Diplomaten“ und charakterisiert ihn als einen, der auf eigene Faust zu einem Generalagenten der protestantischen Mächte während des Dreißigjährigen Krieges geworden ist. Und mit dieser Einschätzung trifft er so ziemlich ins Schwarze.
Hans Georg von Arnim hatte Boitzenburg überschuldet von seinem Vater Bernd, der war Landvogt der Uckermark und Hofmarschall in Berlin, gerbt und 1613 aufgrund der auf dem Besitz lastenden Schulden, es waren 36.822 Taler, Konkurs erklären müssen. Seine fünfjährigen diplomatischen Bemühungen für Gustav Adolf von Schweden als Vermittler bei der Brautwerbung um Maria Eleonora von Brandenburg, der ältesten Tochter des Kurfürsten Johann Sigismund, die 1620 zur Hochzeit der beiden führten, brachten allerdings so wenig ein, dass er beschloss sein Glück als militärischer Unternehmer, das heißt als Söldnerführer, zu versuchen.
In den ersten Jahren schien ihm das (finanzielle) Glück auch hold. Als Oberst einer Truppe von 3000 Mann Fußtruppen und 400 Reitern erhielt er 1621 vom polnischen König monatlich 37.600 polnische Gulden. Unter Wallenstein, dessen Angebot er 1627 annahm, weil er sich mehr Einnahmen versprach, wurde er Inhaber eines Infanterieregiments. Seine Aufgaben wuchsen, sein Ruhm und auch die Größe der versprochenen Summen. Es muss auch wirklich reichlich Geld geflossen sein, denn Hans Georg von Arnim löste seine Schulden bei dem ihn finanzierenden Berliner Handelshäusern Weiler und Essenbrücher, mit denen er reichlich Geschäfte machte, immer pünktlich ab. Trotzdem hatte er, als er 1629 seinen Rücktritt vom Kommando des kaiserlichen Hilfscorps im polnisch-schwedischen Krieg verkündete, noch offene Forderungen in Höhe von 26.450 Gulden gegenüber Wallenstein und dem Kaiser.
Da nach der Entlassung Wallensteins, des Herzogs von Friedland, seit 1628 auch Herzog von Mecklenburg, durch den Kaiser weder vom Generalissimus, der ohnehin ein säumiger Zahler war, noch vom einstigen obersten Dienstherrn beider Feldherren mit Zahlungen zu rechnen war, entschloss sich Arnim 1631 die Sache des Protestantismus zu seiner eigenen zu machen. Er wurde Feldmarschall des Kurfürsten von Sachsen, des reichsten Fürsten auf protestantischer Seite. Dass er sich über gute Einkünfte freuen konnte, geht aus den Kassenbüchern seines Geschäftspartners Essenbrücher hervor. Nach denen leistete der Berliner Händler und Bankier einem Leipziger Juwelier für eine goldene Kette und einige Silbersachen eine Abschlagszahlung in Höhe von 1000 Talern. Außerdem kaufte Hans Georg bei dem Juwelier Putini ein Kleinod für 650 Taler.
Als 1635 der Prager Frieden den Krieg zwischen dem Kaiser und der katholischen Liga auf der einen Seite und Kursachsen und den protestantischen Reichsfürsten beendete, fasste Arnim dies als Verrat auf, zumal er die Überzeugung besaß, dieser Frieden würde den Krieg nur verlängern. Er kündigte seinen Dienst beim Kurfürsten von Sachsen und zog sich nach Boitzenburg zurück. Er wollte seine eigenen Vermögensangelegenheiten regeln, besaß er doch Schuldscheine höchster Fürsten im Wert von 191.192 Taler. Das hätte gereicht, Boitzenburg schuldenfrei zu machen. Aber die Geldentwertung, die Inflation, machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Seine Ansprüche lösten sich faktisch in einem Nichts auf.
Arnim, inzwischen als Gegner der schwedischen Politik verdächtigt, hätte eigentlich in Ruhe auf Boitzenburg leben können, zumal ihm Essenbrücher aus Berlin allen Luxus lieferte. Zimt, Rosinen, Mandeln, Datteln, spanische Brezeln, Zitronen und anderes. Doch in den Augen des schwedischen Kanzler Oxenstierna war Arnim ein gefährlicher Feind. Im März 1637 ließ er ihn deshalb während einer Nacht- und Nebelaktion, während eines Kommandounternehmens der Leibkompanie des Marschalls Wrangel, unterstützt von 200 Musketieren, aus Schloss Boitzenburg entführen. Erste Station war Stettin, Ziel dann Stockholm bringen. Erst nach eineinhalb Jahren gelang von Arnim eine abenteuerliche Flucht.
Sein letzter Lebensabschnitt war von diplomatischen Verhandlungen ausgefüllt. Sein Einsatz richtete sich jetzt gegen Schweden. Er übernahm deshalb auch wieder ein Kommando auf kaiserlicher Seite, bedang sich dabei allerdings die Religionsausübung nach lutherischen Bekenntnis vor, starb aber, ehe er aktiv werden konnte am 28. April 1641 in Dresden. An seiner feierlichen Beisetzung in der Kreuzkirche nahm der sächsische Kurfürst Johann Georg mit seinem Hofstaat teil.
George Hesekiel (1819 – 1874), ein deutscher Journalist und Schriftsteller war, wie er 1864 im zweiten Band seiner „Frau Schatz Regine: Eine Geschichte aus dem dreissigjährigen Kriege“ schrieb, davon überzeugt, dass „der brandenburgische Edelmann auf seiner Boytzenburg“ […] der größte deutsche Patriot und weitblickendste Politiker seiner Zeit“ war.
Hans Georg von Arnim blieb unverheiratet. Sein Erbe wurde Curt Ludolf von Arnim, der Sohn eines Vetters. Curt Ludolf starb 1648. Mit ihm erlosch am Ende des Dreißigjährigen Krieges die Familienlinie Alt-Boitzenburg. Entfernte Verwandte übernahmen den Besitz den 1630, 1631, 1633 und 1634 Moratorien, das heißt Aufschübe, vor einer Zwangsversteigerung bewahrten.
Wie und ob Hans Georg von Arnim die Ausgestaltung seines Schlosses zu dieser Zeit bezahlt hat, von der das Jagdzimmer mit seiner reich verzierten Stuckdecke noch künden, bleibt sein Geheimnis. Vielleicht aber kommt Hans Georg zurück nach Boitzenburg. Es gibt, so war zu hören, Bemühungen, eine Kopie des 1912 im schlesischen Liegnitz (Legnica) aufgestellten und seit 1962 in Wuppertal befindlichen Bronzedenkmals des Kriegshandwerkers für die Abrundung des Schlossensembles zu beschaffen. In Lauchhammer soll die Gussform von 1912 erhalten sein.

Friedensgebet
Des Krieges sind wir müde,
O, Herr, bescheer den Friede,
Danach verlang uns sehr,
Den Bauer noch viel mehr!
Womit er sich soll nähren,
Das thun wir ihm verzehren;
Er hat kein Kalb noch Kuh,
Kriegs große Schläge dazu!
So wird dem armen Bauer
Sein Leben lang blutsauer,
Es thut der Läng‘ kein Gut,
Daß wir sein Schweiß und Blut
Auffressen und aussaugen;
Der Krieg thurt nichts mehr taugen.
Darum, o lieber Herr,
Den Frieden uns bescheer.