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Schwarzes Schaf in goldener Kutsche

Herzog Heinrich zu Mecklenburg(-Schwerin) als Prinz Hendrik der Niederlande, Gemnehal der Königin Wilhelmina
Herzog Heinrich zu Mecklenburg(-Schwerin) als Prinz Hendrik der Niederlande, Gemnehal der Königin Wilhelmina

Äußert eng waren die Verbindungen Mecklenburgs zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit Amsterdam.

Am 7. Februar 1901 heiratete der in Schwerin geborene Herzog Heinrich zu Mecklenburg, jüngster Sohn aus der dritten Ehe Großherzog Friedrich Franz II. und Halbbruder des verstorbenen Großherzogs Friedrich Franz III.,  die niederländische Königin Wilhelmina. Die Ehe der 20-jährigen Monarchin mit dem vier Jahre älteren Prinzen war arrangiert. Die junge Regentin musste schnell an den Mann gebracht werden. Das Haus Oranien drohte auszusterben. Mehrere Anwärter wurden der Königin vorgestellt. Sie entschied sich für den feschen Mecklenburger, den sie bei einem Verwandtenbesuch in Rudolstadt kennengelernt hatte. Am 16. Oktober 1900 fand die Verlobung statt, nach mühevollen Verhandlungen wurde Heinrich am 6. Februar 1901 Prinz der Niederlande und nicht, wie gewünscht, von Oranien. Tags darauf rollte erstmals die inzwischen legendäre Goldene Kutsche durch Den Haag. De Goulden Koets war ein Geschenk der Amsterdamer als Wilhelmina 1898 im Alter von 18 Jahren den Thron bestieg. Die mit Blattgold überzogene hölzerne Kutsche wird seit 1903 nur einmal jährlich benutzt, am dritten Dienstag im September, den Prinsjesdag, zur feierlichen Eröffnung des Parlaments.

Unmittelbar nach der Hochzeit erwarb das niederländische Königshaus die 2800 Hektar große Gut Dobbin, knapp 30 Kilometer südlich von Güstrow.

Kaiser Wilhelm ging bei der Eheschließung des Schweriner Herzogs davon aus, dass es dem Mecklenburger „mit Gottes Hilfe gelinge (würde), das kernige Volk der Niederländer zu beglücken“. Heinrich tat sein Bestes. Nach vier Fehlgeburten gebar Wilhelmina 1909 ein lebendes Kind. Im rund 750 Kilometer entfernten Dobbin, wo eigens für die Besuche der königliche Familie eine eigene Bahnstation angelegt worden war, hatte man, wie auch in den ganzen Niederlanden, auf neun Salutschüsse zur Geburt des königlichen Nachwuchses gehofft, doch die Artillerie schoss nur drei Mal. Statt eines Kronprinzen war eine Kronprinzessin zur Welt gekommen. Aus Verbundenheit mit dem Königshaus, vor allem aber mit dem aus Mecklenburg stammenden Prinzen Heinrich, pflanzen die Dobbiner an der Dorfpumpe eine Linde und setzten einen Gedenkstein zur Erinnerung an die Geburt von Tochter Juliana daneben.

Die anfänglich glückliche Ehe von Königin und Prinzgemahl war später nicht mehr von Zuneigung und Liebe bestimmt, sondern von Befehl und Gehorsam. Seine Königliche Hoheit Prinz Hendrik war als Prinzgemahl Untertan Ihrer Majestät. Er durfte ohne Einverständnis der Königin nicht einmal entscheiden, ob die Diener Halbgala oder Gala anzulegen hatten.

 

Für die Mecklenburger aber glänzte er. 1901 war er Konteradmiral und Generalmajor á la suite geworden, 1904 Vize-Admiral und Generalleutnant. Doch waren dies bloß militärische Ehrenämter, wie auch sein Sitz im Staatsrat eher symbolischen Charakter hatte. Heinrich hatte nichts zu sagen und wollte es auch nicht. Er hegte keine politischen Ambitionen, las noch nicht einmal die Zeitung und legte Zuhause an den liebsten Patiencen und Puzzles. Ansonsten ging er gern der Jagd nach und brachte dabei bis 1925 mehr als 30.000 Tiere aller Art ums Leben.

Ansonsten schien er sich gern der Worte seines deutschen Kaisers zu erinnern, von Wegen das kernige Volk der Niederländer zu beglücken. Beim weiblichen Teil der Bevölkerung versuchte er es.

Während seiner Ehe hat Heinrich zu Mecklenburg mehr als ein halbes Dutzend unehelicher Kinder gezeugt, darunter auch den späteren rechtsextremistischen Politiker Pim Lier, im Volksmund König Lear genannt. Wie viele Nachkommen genau der potente Prinzgemahl hinterließ, lässt sich schwer ermitteln. Um die zahlreichen Affären und deren Folgen vor der Öffentlichkeit möglichst geheim zu halten, hatte Wilhelmina ihrem Gemahl den Polizeikommissar Francois vant’t Sant zur Seite gestellt, der sogar Partys mit Prostituierten in seinem Haus organisierte, um Heinrichs Sexualleben möglichst unter Kontrolle zu behalten.

Prinz Henrik der Niederlande, Herzog Heinrich zu Mecklenburg, starb 1934 „doof wie ein Gaul“ (Joseph Goebbels) im Alter von 58 Jahren an einem Herzinfarkt. Wilhelmina, die 1948 zugunsten ihrer Tochter Juliana auf den Thron verzichtete, verkaufte Dobbin zwei Jahre später an Sir Henri Deterding, Gründer und Hauptaktionär des Shellkonzerns und seinerzeit einer der reichsten Männer der Welt.

Das Schloss fiel 1945 erst einem von Soldaten der Roten Armee verursachten Brand, der Rest dann dem Abriss zum Opfer. An die niederländische Zeit von Dobbin erinnern noch als Gästehaus der königlichen Familie genutzte Kavaliershaus, das Inspektorenhaus als Zentrum der früheren Gutsverwaltung, eine Reihe ehemaliger Landarbeiterkaten, ein geschnitztes Wappen des Hauses Oranien in der Kirche sowie der Marstall mit seinen noch heute teilweise gefliesten Wänden. In Dobbin hielt die königliche Familie Dutzende Pferde und zwischen 40 bis 70 Fohlen.