
„Tinko“ ist der Titel eines Jugendbuches von Erwin Strittmatter. Nachdem das Buch 1954 erschienen war, wurde es so schnell populär, dass der Autor bereits ein Jahr später den Nationalpreis der DDR erhielt und man es im Jahr darauf auf die Leinwand brachte. Thematisiert wird die Nachkriegszeit im ländlichen Brandenburg. Am Beispiel des Jungen Tinko schildert die Geschichte die Ereignisse um die Rückkehr eines „Heimkehrers“ und die gesellschaftlichen Konflikte bei der Kollektivierung der Landwirtschaft im Osten Deutschlands.
Tinkos Großvater Kraske (Josef Sieber) wehrt sich gegen die Kollektivierung: Mit der Bodenreform kurz nach 1945 ist er zum Bauern aufgestiegen und orientiert sich am Großbauern Kimpel (Paul R. Henkel). Wie er will er irgendwann einen großen Hof haben, den sein geliebter Enkel Tinko (Max Reichhoff) dann übernehmen kann. Tinkos Vater, der Kriegsheimkehrer Ernst (Günther Simon), hingegen, der später bei der Umsiedlerin Clary (Ewa Krasnodebwska) einzieht, ist für die Kollektivierung und so kommt es zum Bruch zwischen Vater und Sohn. Tinko, der zwischen beiden steht, entscheidet sich für seinen Großvater, da sein Vater ihm fremd ist. Erst spät, unter anderem unter dem Einfluss des Neulehrers Kern (Hans-Peter Minetti), erkennt Tinko, dass sein Vater Recht hat. Er baut zu ihm eine Beziehung auf.
Auf dem Krähenberg von Groß Plasten spielt eine der Schlüsselszenen: Tinkos Opa, der alte Bauer Kraske, erntet sein Getreide. Allerdings nicht, wie die zu einer Genossenschaft zusammengeschlossenen Bauern mit einer Maschine, sondern mit Hilfe seines Pferdes. Kraske zerrt und zieht am Zügel, hängt mit seinem ganzen Gewicht am Tier. Das ist der Beanspruchung nicht mehr gewachsen, bricht zusammen und stirbt in Krämpfen. Für Großvater Kraske ist der Tod seines Pferdes der Anfang vom Ende. Ab diesem Zeitpunkt geht es mit ihm und der individuellen Bewirtschaftung in der Landwirtschaft, für die seine Figur im Film stellvertretend steht, endgültig bergab. So umsichtig Tinkos Opa auch weiter allein auf seinem Hof arbeitet, letztlich stirbt er erschöpft vor seiner Zeit.
Neben der Familiengeschichte mit den drei Generationen, die als Analogie für Perioden der deutschen Geschichte steht, wird am Rande des Films auf das Schicksal der Heimatvertriebenen eingegangen, ohne das Thema jedoch hervorzuheben.
Der Darsteller des Großvaters Kraske, Josef Sieber, war zuvor übrigens aus UFA-Filmen sowie bundesdeutschen Heimatfilmen wie „Grün ist die Heide“, „Die Mädels vom Immenhof“, „Hochzeit auf Immenhof“ oder „Ferien auf Immenhof“ bekannt, wo er die Rolle des Stallburschen Hein Daddel verkörperte. Er gehörte zu den wenigen bundesdeutschen Schauspielern, die auch in der DDR Rollen bei der DEFA übernahmen. 1962 starb er in Hamburg.
Ins Gedächtnis der älteren Groß Plastener, von denen einige als Kinder sogar als Statisten im Film mitspielen durften, haben sich viele Episoden gegraben, so auch die, dass die Umsiedlerin Clary gar nicht Fahrrad fahren konnte, obwohl sie es im Film musste. Man setzte sie einfach auf ein Rad und ließ es einen Hügel herunterrollen.
Gecastet wurden die einheimischen Mädchen und Jungen übrigens in der Warner Traditionsgaststätte „Heidelbach“, die nach Schäden, die im Zusammenhang mit Straßenbauarbeiten auftraten – das Haus senkte sich –, abgerissen werden musste.
Der Krähenberg von Groß Plasten mit seiner einsam dort stehenden Eiche gehört heute zu den Sehenswürdigkeiten des Dorfes, das mit einem tollen Schlosshotel punktet. Nach der Premiere des Filmes am 29. März 1957 im Berliner Kino „Babylon“ wurde aus dem Krähenberg der Tinkoberg – auf dem die Tinkoeiche steht. Alles ausgeschildert für die Gäste aus dem Hotel und deren Dorfrundgang.
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