EIGENTÜMERFAMILIE SETZT AUF AUSBAU DES SEEHOTELS "LINDENHOF" UND GLAUBT AN TOURISTISCHE ZUKUNFT LYCHENS

Lychen. Ihr Anliegen, den rund 3100 Einwohner zählenden staatlich ankerkannten Erholungsort Lychen auf dem Weg zu einer neuen touristischen Blüte aktiv zu unterstützen, müssen der gebürtige Neustrelitzer Reinhard Tänzer und seine Frau Ursula nicht mehr beweisen. Sie haben 1994 das „Objekt Lindenhof“, wie in Nachwendezeiten das ehemalige SED-Feriendomizil heißt, gekauft. Damals verfügte die von der Treuhand ab 1990 verpachtete Pension über 20 Betten und 20 Plätze in der hauseigenen Gastronomie. Der vertraglichen Verpflichtung, den Betrieb weiterzuführen und Arbeitsplätze zu sichern, konnten sie nur nachkommen, wenn sie das baulich marode und mit dem Charme des real existierenden Sozialismus möblierte Pensionsgebäude durch einen Neubau ersetzen würden. Auf der Grundlage eines Vorhaben- und Erschließungsplanes, der nicht nur einen Neubau mit 63 Betten beinhaltete, sondern auch eine überbaute Wasserfläche von 265 Quadratmeter – Ersatz des alten Bootshauses und des Steges – rissen sie 1997 das alte Hotelgebäude ab und begannen mit dem Neubau.
Neuer Lindenhof kostete Millionen
Der neue „Lindenhof“ fiel mit 25 Betten-, 50 Restaurant- und 40 Plätzen auf einer Südterrasse allerdings wesentlich bescheidener als erlaubt aus. Das war eine bewusste Entscheidung. Die Kapitalkosten sollten kein Fallstrick werden. Ein größeres Hotel wäre in den nächsten Jahren nicht in der Lage gewesen, größere Finanzierungskosten und Tilgungsraten zu erwirtschaften, zumal es die Urlauber damals nicht in Scharen in die Uckermark zog. Hoteliers und Gastronomen mit weniger Augenmaß bezahlten am Ende mit dem Verlust ihres Hauses und den Arbeitsplätzen ihrer Angestellten.
Drei Millionen Euro investierten Reinhard und Ursula Tänzer auf dem Lindenwerder. Der im Mai 1999 eröffnete neue „Lindenhof“ erlebte ein gesundes Wachstum. Der Betrieb ist seit 2011 langfristig verpachtet. Die Betreiber Monique Tomacka und ihr Partner Michael Stein beschäftigen, saisonal schwankend, zwischen 15 und 20 Mitarbeiter. Für die Eigentümerfamilie Tänzer sind die beiden hervorragende Gastgeber, „die besten, die wir uns wünschen können“, wie sie sagen. Kritiken der Hotelgäste, von denen viele „Wiederholungstäter“ wurden, und ein unter den Lychenern und in der Region sich großer Beliebtheit erfreuendes Restaurant bestätigen das. Über ihre gehobene regionale Küche, die kulinarischen Ausflüge mit internationalen Spezialitäten oder ihre Themendinner – die nächsten Termine sind am 6. Februar das „Zauberdinner“, am 14. Februar die „Liebeszeit für Zwei“ und am 4. und 5. März ein „Comedy-Dinner“ – spricht man über die Uckermark hinaus bis nach Berlin.
Noch einmal für die Kinder investieren
Was so gut ist, wie es klingt, bringt aber auch Probleme mit sich. Die Kehrseite der Medaille ist betriebswirtschaftlicher Art und findet seinen Ausdruck in der Kostenstruktur. Der „Lindenhof“ muss mehr Übernachtungsumsätze als Restaurantumsätze erwirtschaften. Nicht ohne Grund sagt man in der Branche, dass der Umsatz die Treppe herunterkommt. Das lässt sich nur auf zwei Wegen erreichen: mehr Betten oder weniger Restaurant. Die beliebte Gaststätte wäre dann nur noch Hotelgästen vorbehalten. Da aber weder die Eigentümer noch die Pächter die Öffentlichkeit vom guten Essen abhalten wollen, möchte Familie Tänzer weiter investieren. Sie ist überzeugt von einer touristischen Zukunft Lychens. Deshalb wollen beide, auch mit dem Hintergrund, der Jugend das Feld zu bestellen, sprich den geordneten Unternehmensübergang auf die Kinder vorzubereiten, ein weiteres Mal investieren.
Noch einmal will die Familie in mehreren Stufen rund eineinhalb Millionen Euro in die Hand nehmen, um die Bettenkapazität auf die vor 20 Jahren ursprünglich geplante Zahl von 63 Betten zu erhöhen. Das Seehotel „Lindenhof“ hat sich im Verlauf der zurückliegenden Jahre bestens etabliert. Die Nachfrage übersteigt inzwischen die Bettenkapazität bei Weitem. Obwohl – oder gerade weil? – es nicht nach Discountermanier mit Billigpreisen um Gäste buhlt. Der „Lindenhof“ agiert auf hohem Niveau im 4-Sterne-Bereich, erfolgreich, wie im Herbst 2014 auch der Sieg bei der VOX-Doku „Mein Himmlisches Hotel“ belegt.
Keine Bettenburg geplant
Auf dem früher auch als „Halbinsel Burgwall“ bezeichneten Lindenwerder soll keine Bettenburg entstehen. Vielmehr denken die Tänzers an drei versteckt liegende und in einem Halbrund gruppierte Ferienhäuser mit je zwei Appartements: an ein Fischerhaus, ein Baumhaus und den Bau von zwei „Bootshäusern“. Den Namen gaben die Eigentümer den beiden Ferienhäusern, die vom Ufer aus in den Wurlsee hineinragen würden, weil sie das 51 Jahre alte in sich zusammenfallende und deshalb gesperrte Bootshaus ersetzen sollen, das einst auf Weisung des 1. Sekretärs der Bezirksleitung der SED einfach gebaut wurde.
Wie behutsam die Familie bei der Umsetzung ihrer Pläne zu Werke geht, zeigt auch dieses Beispiel. Mit Rücksicht auf den Schilfgürtel, der am alten Bootshaus relativ dicht ist, wollen sie die beiden Pfahlhäuser ein Stückchen weiter rechts bauen lassen, wo kaum Schilf steht. Sie bemühen sich um eine behutsame Nutzung der Natur, schließlich sind die drei Hektar romantisches Grün in der Abgeschiedenheit des Lindenwerder das Grundkapital ihres Hotelbetriebes.
Das war auch 1923 dem damaligen Lychener Hotelier Georg Meier bewusst, als er mit der Begründung, dass die Gäste mehr Natur wollten, seinen am Markt, Ecke Stargarder Straße, gelegenen Gasthof „Zu den drei Kronen“, einen der ältesten des inzwischen vom Fremdenverkehr geprägten Städtchens, schloss und die Sommerpension „Lindenhof“ baute.
Gegen die am 21. Februar 2013 vom Landkreis erteilte Baugenehmigung für die zwei „Bootshäuser“ haben im Juli 2013 die NaturFreunde Brandenburg Widerspruch eingelegt und Baustopp beantragt.
Die NaturFreunde, die erst Mitte Januar dieses Jahres ihre erste Ortsgruppe in Lychen in der Uckermark gegründet haben, sind einer von fünf Naturschutzverbänden, die sich im „Landesbüro anerkannter Naturschutzverbände“, einer GbR, zusammengeschlossen haben, um Belange des Naturschutzes in Planungsverfahren zu wahren und die Aufgaben zu koordinieren.
Vereinte Naturschützer lehnten nicht ab
Am 1. Februar 2013 hatte dieses gemeinsam betriebene Landesbüro in seiner Stellungnahme zwar geschrieben, dass „die Verbände dem Vorhaben kritisch gegenüber[stehen]“, es aber nicht abgelehnt. Bei Genehmigung des Bauantrages, schrieben sie weiter, müsste der aber „so abgefasst werden, dass klar herausgestellt wird, dass es sich hier um einen begründeten Einzelfall handelt (um negative Beispielwirkung auszuschließen)“.
Bei einem Gütetermin des Verwaltungsgerichts Potsdam im Oktober 2013 vor Ort am „Lindenhof“ kam es zu keiner Einigung. „Sachliche Erläuterungen zum Vorhaben – besonders an die Adresse der Kläger – waren offensichtlich nicht gefragt“, urteilte danach Reinhard Tänzer in der „Templiner Zeitung“.[1]
Das Verwaltungsgericht Potsdam ordnete am 27. Februar 2014 einen Baustopp an. Einen Einspruch des Landkreises und der Tänzers als Beigeladene wies das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 25. Juli 2014 ab. Zur Verhandlung in der Hauptsache verwies das OVG an das Verwaltungsgericht.
Obwohl noch kein Urteil ergangen ist, verweist der Initiator des Widerspruchs, der Berliner Anwalt Dr. Utz Andelewski, auf „Urteile“ des Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichtes.[2] Die gibt es nicht. Die Gerichte fassten Beschlüsse. Ein Beschluss ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass er keinen Tatbestand (Sachverhalt) und keine Entscheidungsgründe enthält. Er beinhaltet somit nur den Tenor der Entscheidung.[3] Darüber hinaus teilte Dr. Utz Andelewski allen Adressaten mit, dass „die Klage der NaturFreunde […] in allen Instanzen erfolgreich“ war.[4] Klagen können die NaturFreunde mit ihrem Anwalt, Dr. Utz Andelewski, aber nur nach Ablehnung ihres Widerspruchs.
Dr. Utz Andelwski ist nicht nur Anwalt der NaturFreunde Brandenburg. Er ist auch ihr Fachreferent für Partizipation und Planung und laut Pressemeldung vom 20. Januar auch stellvertretender Vorsitzender der gerade gegründeten Ortsgruppe Lychen, die bislang nicht organisatorisch in der Uckermark vertreten war. Darüber hinaus ist Dr. Utz Andelewski Besitzer eines Ferienhauses auf der dem Seehotel „Lindenhof“ gegenüberliegenden Seite des Wurlsees.
Um baurechtliche Sicherheit zu erlangen, geht Familie Tänzer jetzt den aufwendigen und zeitraubenden Weg über die Fortschreibung des 2009 aufgestellten Bebauungsplanes, der auf dem Vorhaben- und Entwicklungsplan von 1996 fußt und Grundlage für den Abriss des alten und den Bau des neuen „Lindenhofes“ war.
Eingeschränkte Dialogbereitschaft
Am 15. Dezember 2015 beschloss die Stadtverordnetenversammlung Lychen die öffentliche Auslegung eines Entwurfs zum Bebauungsplan „Erweiterung Seehotel Lindenhof“ zur Beteiligung der Bürger und Träger öffentlicher Belange vom 2. Februar bis 3. März 2016.
Das wiederum rief Dr. Utz Andelwski auf den Plan. Am 5. Januar gaben die NaturFreunde Brandenburg eine Pressemeldung heraus, in der sie unter anderem schreiben, „der Lychner Bürgermeister [übrigens seit Langem krank] und der Investor klammern sich an den Hotelausbau“, obwohl „die Zustimmung in der Stadt [offenkundig] sinkt.[5] Verbunden mit der Pressemeldung publizierten sie einen Brief an die Lychener Stadtverordneten vom 11. Dezember 2015.[6]
Unterzeichnet ist das Schreiben vom ehemaligen Landesvorsitzenden der NaturFreunde, Rüdiger Herzog, und Dr. Utz Andelewski, der hier als Rechtsanwalt und nicht als Fachreferent des Naturschutzverbandes unterschrieb. In diesem Brief bekunden sie ihre Dialogbereitschaft: „Wir stehen für einen Dialog zur Verfügung und sind bereit, unser Fachwissen und unsere jahrzehntelange Erfahrung im Interesse unserer Umwelt in die erneuten Überlegungen der Stadt Lychen einzubringen.“[7]
Die Dialogbereitschaft der NaturFreunde (oder die ihres Anwalts, siehe Güteverhandlung Oktober 2013) schließt Eigentümer und den Landkreis nicht ein, sondern richtet sich explizit an Bürgermeister und Stadtverwaltung.
Am 29. Februar findet die nächste Stadtverordnetenversammlung in Lychen statt. Man darf gespannt sein, ob die Gegner der Ausbaupläne, die „die Meinungshoheit über alle Lychener beanspruchen“, wie Jürgen Hildebrandt in einem Leserbrief in der „Templiner Zeitung“ schrieb,[8] den öffentlich ausliegenden B-Plan Entwurf des „Lindenhofes“ zu einem Thema machen.
So wie die Familie Tänzer von einer touristischen Zukunft Lychens überzeugt ist – sie kaufte 1998 auch das marode Strandcafé und sanierte es in einer gemeinsamen Aktion mit Lychener Handwerksbetrieben in nur vier Monaten, damit es sich zur 750-Jahr-Feier der Stadt im neuen Glanz präsentieren konnte –, gibt es weitere engagierte Bürger, die erste Knospen der neuen Tourismusblüte hegen und pflegen. Beispiele sind der Wasser auf die Mühle e.V., der sich darum kümmert, dass in der geschichtsträchtigen großen Getreidemühle wieder Leben einzieht. Dafür stehen aber auch solche Projekte wie der Hotelpark Hohenlychen[9], „Mein Lychen“ in der Berliner Straße[10] oder der Seepark[11].
Während der ersten Tourismusblüte in den 1920er- und 1930er-Jahren wurde Lychen mit dem Schweizer Ferienparadies Interlaken verglichen, was nicht nur etwas mit dem Seenreichtum zu tun hatte. Lychen war „in“, wie einmal die „Neue Lychener Zeitung“ schrieb.[12] Der legendäre Sänger und Komiker Otto Reutter dichtete: „Lychen ist ein schöner Ort, liegt zwischen Fegefeuer und Himmelpfort“ und zehntausende Urlauber bzw. Ausflügler – pro Jahr rund 250.000 Übernachtungen – genossen Sommerfrische und die Angebote von allein 30 gastronomischen Einrichtungen mit Fassbierausschank.
Was erreicht werden kann, wenn man gemeinsam an einem Strang zieht, Familie Tänzer hat das mit ihren Partnern schon vor 18 Jahren beim Strandcafé gezeigt. Heute sichert es Pächterin Heike Böttcher die Existenz und ihrem Team die Arbeitsplätze. Im „Lindenhof“ sind es, um es noch einmal zu weiderholen, momentan in Abhängigkeit von der Saison übrigens zwischen 15 und 20.
Der Traum von der Wiedergeburt des „Märkischen Interlaken“ braucht Kooperation statt Konfrontation.
Helmut Borth
[1] Bruck, Birgit: „Kein Baubeginn in Sicht für umstrittene Ferienhäuser“, Templiner Zeitung 6.11.2013.
[2] Offener Brief der NaturFreunde vom 18.10.2014.
[3] http://www.juraforum.de/lexikon/beschluss
[4] Offener Brief der NaturFreunde vom 18.10.2014.
[5] http://www.naturfreunde-brandenburg.de/naturfreunde-aktuell/nachrichten/article/kein-haeuserbau-auf-dem-wurlsee-brief-an-lychennerinnen-und-lychenner.html.
[6] Ebenda.
[7] Ebenda.
[8] Hildebrandt, Jürgen: Lychen kann sich nur über Tourismus profilieren, Templiner Zeitung vom 25./26. 10. 2014.
[9] www.hotel-park-lychen.de
[10] www.meinlychen.de
[11] www.seeparklychen.de
[12] Diekow, Klaus: Die Entwicklung des Hotelgewerbes in Lychen. Zweiter Teil, Neue Lychener Zeitung, Nr. 127, 27. Juli 2007, S. 10.
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