Seit vier Jahren bietet sich Neubrandenburg in einer Datenbank des Landes als „Top-Location“ für Filmaufnahmen an. Aber noch nicht einmal eine Handvoll Dokumentarfilmer fand seither den Weg in die Viertorestadt. Film- und Fernsehproduktionen machten einen Bogen um die historischen Wallanlagen. Trotzdem kann Neubrandenburg auf eine Reihe von Auftritten in beachtenswerten Film- und Fernsehproduktionen verweisen.
Die kleine Fischerstraße kehrt auf den Stadtplan zurück

Der Weg ins Freie führte an der 2. Ringstraße hinaus auf die Kleine Fischerstraße. Bis 1945 war das so in Neubrandenburg. Dann wurde der diagonal von der Krämerstraße zum Treptower Tor verlaufende Straßenzug ein Kriegsopfer. Beim Wiederaufbau der Innenstadt verzichtete man auf ihn. Und seit 1974 befand sich seiner Stelle eine Turnhalle, die zuletzt als städtebaulicher Missstand eingestuft war und zusammen mit der benachbarten Schule abgerissen wurde.
Die beim Wiederaufbau Neubrandenburgs abgeschaffte Straße, die jetzt mit einer Neubebauung auf den Stadtplan zurückt, kann Geschichten erzählen.
Von ihr gibt es einige Filmaufnahmen.
Sogar mit der großen Zahrah Leander.
Die drehte Mitte September 1940 in Neubrandenburg einige Außenaufnahmen für den Film „Der Weg ins Freie“, der am 7. Mai 1941 im Berliner Gloria-Palast seine Premiere feierte.
Die Handlung des im 19. Jahrhunderts spielenden Filmes ist kurz erzählt: Die berühmte Opernsängerin Antonia Corvelli (Zahrah Leander) ist seit einem Jahr mit dem pommerschen Gutsbesitzer Detlef von Blossin (Hans Stüwe) verheiratet. Nach Unruhen in Wien hilft sie einem ehemaligen Liebhaber, dem Grafen Stefan Oginski (Siegfried Breuer). Über ihn wird sie in einen Skandal verwickelt. Da der zwielichtige Graf aber nicht von ihr ablassen will, täuscht sie ihren Selbstmord vor, um so ihren Mann zu schützen, der die Liebe ihres Lebens ist. Nach einer Zeit tiefster Trauer heiratet der Detlef von Blossin erneut, während der Oginski durch Zufall erfährt, dass Antonia noch lebt. Oginski macht sich den Umstand der (unbewussten) Bigamie zunutze und versucht von Blossin zu erpressen. Antonia sieht nur einen Ausweg. Sie nimmt sich tatsächlich das Leben.
Der Streifen wurde vom Berliner Tonfilmstudio Carl Froehlich & Co. für die UFA gedreht. Neben Zarah Leander, die seit 1936 über einen Exklusiv-Vertrag mit der Universim Film AG verfügte und deren Film „Eine rauschende Ballnacht“ gerade in den deutschen Kinos lief, hatte die Produktionsfirma zwei weitere große Namen der Kinowelt verpflichten können. Zum einen den auf Grund seiner Popularität als „unabkömmlich“ geltenden Filmkomponisten Theo Mackeben – „Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da“ (1938) oder „Du hast Glück bei den Frau’n Bel Ami“ (1939) – und zum anderen den ebenfalls als Publikumsliebling geltenden Schauspieler Hans Stüwe. Stüwe hatte bereits in der „Rauschenden Ballnacht“ mit Leander gedreht. Sein Ruf begründete sich auf Filmen wie „Des Königs Befehl“ (1926 sein Debüt), „Trenck“ (1930), „Die Tänzerin von Sanssouci“ (1932), „Der Tiger von Eschnapur“ oder „Das indische Grabmal“ (beide 1938).
Im Film „Der Weg ins Freie“ sieht man eine Kutsche durch die Kleine Fischerstraße auf das Treptower Tor zufahren. Weitere Szenen spielen im Ehrenhof des Herrenhauses von Dannenwalde. Das an der 96 liegende Dorf hatte bis 1934 wie Neubrandenburg zum Freistaat Mecklenburg-Strelitz gehört. Im Film war es das pommersche Gut der Familie von Blossin. Die Filmaufnahmen, weitere sollen in Innsbruck, bei Hall in Tirol sowie in der Nähe von Neustrelitz stattgefunden haben, dauerten bis zum Februar 1941.
Der Film, der noch 1941 in die deutschen Kinos kam, wurde mit einem Jugendverbot belegt (Zensur: 25. April 1941, B.55399). Die Produktionskosten lagen bei etwa 1.758.000 Reichsmark, das Einspielergebnis bis Januar 1942 bereits bei rund 3,5 Millionen.
Trotz seines Unterhaltungscharakters besaß der Film auch eindeutig propagandistische Züge: Der Schurke im Film ist ein Pole (Oginski), der „unrechtmäßige Geschäfte mit jüdischen ‚Volksschädlingen‘, von Viktor Janson (Manchandel) und Walter Süßenguth (Morescu) dargestellt“, macht.
„Der Weg ins Freie“ erschien übrigens 2009 erstmals auf DVD.
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