Caroline von Berg war nicht nur die beste Freundin von Königin Luise


Hohenzieritz. Mit einem Vortrag über das Herzoghaus Mecklenburg-Strelitz und sein Wirken im Zarenreich wurde am 22. März, die Saison in der Luisengedenkstätte Hohenzieritz eröffnet. Seit über 200 Jahren gedenkt man dort der dort verstorbenen preußischen Königin Luise. Als sie in der Sommerresidenz ihres Vaters 1810 die Augen schloss, stand an ihrem Todeslager auch Caroline Friederike von Berg. Sie hatte die Königin über Jahre mit guter Literatur versorgt, mit ihr diskutiert und versucht über sie Einfluss auf die preußische Politik zu nehmen. Dieser besten Freundin, die König Friedrich Wilhelm als „die höchst intrigante Frau von Berg“ bezeichnete, hatte Luise als einzigem Menschen ihre Liebe zu Zar Alexander gestanden. Zum 4. Todestag der Königin veröffentlichte Caroline Friederike von Berg bei Breitkopf und Härtel in Leipzig die 400-seitige Denkschrift „Louise Königin von Preußen. Der preußischen Nation gewidmet.“. Es war die erste Luise-Biografie.
Als Caroline im März 1814 mit dem Schreiben begann, steckte Europa noch mitten in den Befreiungskriegen. Die Alliierten hatten Anfang des Jahres den Rhein überschritten und marschierten gerade auf Paris. Keine sechs Wochen später wurde Napoleon zur Abdankung gezwungen und nach Elba verbannt.
Mit ihrer Denkschrift, die auch nicht den kleinsten Schatten auf die Monarchin mit Mecklenburg-Strelitzer Wurzeln fallen ließ, legte Caroline den Grundstein für den bis heute anhaltenden Luisenkult. Sie brachte in Bezug auf verstorbene Königin das Wort „Engel“ ins Spiel und machte aus der unvollkommenen jungen Frau eine Ikone.
Familiendomizil Krumbeck
Die 1760 in Magdeburg geborene Autorin war aber nicht nur der 16 Jahre jüngeren Luise aufs Engste verbunden, deren Freundschaft sie über deren Geschwister Georg und Friederike gewann, mit denen sie sich zuerst anfreundete. Die Enkelin des preußischen Staats-, Kriegs- und Kabinettsministers Heinrich Graf von Podewils war 1779 mit dem uckermärkischen Adligen Karl Ludwig von Berg verheiratet worden. 19-jährig hatte sie dem um sechs Jahre älteren Mitglied des Halberstädter Domkapitels das Ja-Wort zu geben gehabt. Das junge Paar, dem 1800 eine Tochter geboren wurde, lebte abwechselnd im Berg’schen Domherrenhaus in Halberstadt, einem repräsentativen Anwesen mit dem Blick auf den Dom, und in Schönfeld bei Prenzlau. Beide Häuser haben die Zeit nicht überdauert.
In Halberstadt waren die Bergs Nachbarn des Dichters Johann Wilhelm Ludwig Gleim, der 1747 auf Vermittlung von Carolines Schwiegervater zum Domsekretär gewählt worden war. Christian von Berg war Königlich-Preußischer Geheimer Justizrat, Landvogt der Uckermark, Senior des Domstifts zu Halberstadt, Erbherr auf Schönfeld, Kleptow und Werbelow in der Uckermark sowie seit 1765 Erbpachtherr auf Krumbeck. Bis 1811 lag dieses preußische Gut als Exklave auf Mecklenburg-Strelitzer Grund und Boden.
1784 nahm Karl Ludwig von Berg das bis dahin vom Vater an einen Herrn Halling verpachtete Gut selbst in Bewirtschaftung. Er wollte sich und seiner kleinen Familie ein eigenes Heim schaffen, unabhängig vom tonangebenden Vater. Gleich im ersten Jahr stellte er die Feldwirtschaft um. Darüber hinaus vergrößerte er die Schafzucht. Er investierte in größere Wirtschafsgebäude und legte den Plan zum Bau eines massiven Gutshauses vor. Bald darauf ließ Karl Ludwig von Berg das Haus auch bauen. Es war ein eingeschossiger Putzbau mit Mansardendach. An dessen rechter Seite schloss im Winkel von 90 Grad ein zwischen 2009 und 2012 restauriertes Küchen- und Wirtschaftsgebäude an. Für Krumbeck hatte der Bauherr eigens bis dahin hierzulande unbekannte amerikanische Nadelhölzer aus Samen ziehen lassen. 1792 legte er am neuen Wohnort auch noch eine Glashütte an.
Keine Landfrau
„Das gute niedliche Weibchen, das in der großen berlinischen Welt erzogen ist“, wie der Dichter Gleim 1781 an seinen Freund Friedrich Jacobi schrieb, war keineswegs das scheue Reh, das sich in der Provinz verstecken lassen wollte. Caroline von Berg war vielmehr eine lesewütige, bildungshungrige und selbstbewusste junge Frau. Ihre Mutter – eine geschiedene Frau – spielte als Tochter des Ministers Podewils in Berlin eine bedeutende gesellschaftliche Rolle. Ihr Vater Johann August von Haeseler war königlicher Gesandter in Kopenhagen. Caroline war sich ihrer herausragenden Herkunft bewusst und legte Wert auf ihren Mädchennamen. Ihre Briefe unterschrieb sie mit Berg-Haeseler.
Caroline war kein Kind von Traurigkeit. In der höfischen Berliner Welt, in der sich groß wurde, waren Liebesaffären an der Tagesordnung. Caroline dürfte auch welche gehabt haben. Ihr vertrauer Freund, der Freiherr vom und zum Stein, den sie 1785 kennen lernte, als sie an der Seite ihres Mannes Stein in Nassau besuchte, deutet in seinen Papieren schamhaft Liebschaften an. Feindselig gegenüber Caroline eingestellt, streute der reformierte Pfarrer und Schriftsteller Johann Caspar Lavater mehr oder weniger deutlich Gerüchte über ihre Tugendhaftigkeit. Die griff wiederum ihr väterlicher Freund Gleim Ende Dezember 1795 in einem Brief an Carolines Mann auf. In dem beschwor er den Gatten, nichts auf die Gerüchte zu geben. Und erreichte damit das Gegenteil.
Die Bergs blieben zwar bis nach der Hochzeit ihrer Tochter Luise verheiratet – die 19-Jährige heiratete 1800 den 20-jährigen Enkel von Luises Oberhofmeisterin, der Gräfin von Voß – doch nach der Eheschließung war der Zeitpunkt gekommen, aus der bereits vor Jahren vollzogenen Trennung von Tisch und Bett nun auch eine auf dem Papier folgen zu lassen. Caroline und Karl Ludwig von Berg wurden 1801 geschieden. Bereits 1797 hatte Karl Ludwig von Berg den Familiensitz Krumbeck für 103.000 Taler an den Geheimen Mecklenburg-Strelitzer Ratspräsidenten Otto Ulrich von Dewitz, Erbherr auf Groß Miltzow und Helpt verkauft und damit den Traum vom Familienglück mit Caroline begraben. Von Dewitz hatte 1792 die Eheverträge der Prinzessinnen Luise und Friederike mit dem preußischen Kronprinzen und dessen Bruder ausgearbeitet.
Nach der Hochzeit ihrer Tochter war Caroline von Berg häufig Gast auf Groß Gievitz, dem Landsitz ihrer Tochter und des Schwiegersohns in Müritznähe. Sie lud ihre Freunde dorthin ein. Bekannt ist unter anderem Marie von Kleist, Hofdame von Königin Luise und 16 Jahre ältere Cousine des Dichters Heinrich von Kleist, der sich 1811 erschoss. Aber auch der schwedische Diplomat und deutsche Dichter Karl Gustav von Brinckmann, verbrachte, beispielsweise 1805, Monate auf Groß Gievitz.
Sowohl im Briefwechsel mit Dichter Jean Paul als auch mit Luise ist viel über den „Erbprinzen George“ die Rede. Jean Paul bezeichnet ihn in einem Schreiben vom 14. September 1802 als Carolines „geistigen Pflegesohn“. Sie antwortet ihm am 3. Januar 1803 aus Groß Gievitz, und berichtet, dass Prinz Georg in diesen Weihnachtsfeiertagen seinen Einzug in Rom gehalten. Bis 1804 blieb der Mecklenburg-Strelitz Erbprinz dort. Caroline wollte ihn 1803 in Italien besuchen, musste aber ihre Reise verschieben. Zum einen war ihre Tochter Luise schwanger, sondern anderen hatte ihr Schwiegersohn einen Reitunfall.
Caroline kümmert sich. Nicht nur um die eigene Familie. Mit Hilfe des Prinzen Georg bringt sie ihren „Pflegesohn“, das uneheliche Kind einer verstorbenen Freundin, das sie in ihr Haus aufgenommen hatte, erzog und Landwirtschaft lernen ließ als Stallmeister in Mecklenburg-Strelitz unter. Dort kann auch das Faktotum der verstorbenen Freundin, ihr Privatsekretär Mattei seinen Lebensabend verbringen. Er stirbt am 19. Juli 1830 in Neustrelitz.
Nach Luises Tod wird 1815 Caroline von Berg Oberhofeisterin bei deren jüngeren Schwester Friederike, die gerade den hoch verschuldeten Herzog von Cumberland in der Neustrelitzer Stadtkirche geheiratet hatte. Als „Mutter Berg“ sah sie darin Verpflichtung gegenüber der toten Freundin. Für sie wollte sie eine schützende Hand über Friederike halten, die Zeit ihres Lebens für Gesprächsstoff sorgte und die jetzt aufgrund des zweifelhaften Charakters und des Lebenswandel des Herzogs Hilfe braucht. Mit Hilfe ihres Halbbruders Karl, der ab 1800 ständiger Begleiter Luises und ab 1813 Chef der Gardebrigade war, sowie von Caroline von Berg gelang es Friederike ihr Berliner Haus zu dem führenden Treffpunkt von Literaten, Künstler und Politiker zu machen.
1826 verstarb Caroline auf einer Kur im nordböhmischen Teplitz. Sie suchte dort Hilfe für ihre rheumatischen Beschwerden. Nach ihrem Tod ließ ihr Schwiegersohn in Groß Gievitz eine von Karl Friedrich Schinkel entworfene Grabkapelle bauen.
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