Straßennetz war zu beginn des Ersten Weltkrieges fertig

Chausseebau boomte vor Hundert jahren in Mecklenburg-Strelitz

Die Chaussee zwischen Salow und Friedland wurde am 18. Juli 1913 für den Verkehr freigegeben.
Die Chaussee zwischen Salow und Friedland wurde am 18. Juli 1913 für den Verkehr freigegeben.

Friedland. „Von der im Bau begriffenen Nebenchaussee von Friedland über Salow und Dahlen nach Brunn ist die erste Teilstrecke in einer Länge von 5 km dem öffentlichen Verkehr – einstweilen unter Ausschluss von schweren Lastwagen und von Automobilen übergeben worden.“ Das  meldete der „Offizielle Anzeiger für Gesetzgebung und Landesverwaltung des Großherzogtums Mecklenburg-Strelitz am 25. Juli 1913 in seiner Ausgabe 35 und bezog sich damit auf eine Mitteilung des Innenministeriums vom 18. Juli. Erst nach drei Monaten wurden am 16. Oktober die Beschränkungen aufgehoben, durfte jedermann die Straße benutzen.

55.000 Mark hatte der großherzogliche Regierung in Neustrelitz als „Landeshilfe“, wie man damals Fördermittel nannte, für den 5000 Meter langen Abschnitt zwischen Friedland und Salow zugeschossen. Insgesamt gab man 1913/14 mit 324.761 Mark deutlich mehr Geld für den Straßenbauim Land aus als in den Vorjahren, wo es im Durchschnitt der Jahre 1900 bis 1907 jährlich 125.000 Mark waren.  Erklären lässt sich das aber durch die Übergabe der Verwaltung der innerstädtischen Teilstrecken der Chausseen an die Kommunen. 67.810 Mark erhielten sie dafür als Entschädigung aus der Zentralsteuerkasse. Daneben wurden 1913/14 nicht nur für die Nebenchaussee Friedland Brunn, sondern für insgesamt vier Nebenstrecken Förderungen fällig. In den Jahren davor waren es sonst nur zwei bis drei Nebenchausseen.

Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges entstand im Stargarder Landesteil des Großherzogtums ein komplettes Netz von Verbindungsstrecken unter den bestehenden Hauptverkehrsstraßen. Und deren Ausbau war bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgt. 1934 wurde beispielsweise eine „Kunststraße“ von Neubrandenburg nach Rostock in Betrieb genommen. Rostock war für die Viertorestadt wichtigste Bezugsquelle ausländischer Waren. 1838 wurde die Chaussee von Neubrandenburg nach Neustrelitz gebaut, 1841 die nach Friedland, 1845 die nach Woldegk und Altentreptow und 1849 die nach Waren über Penzlin.  Zu Beginn des Kaiserreichens war das Netz der wichtigsten Chausseestrecken in Mecklenburg-Strelitz fertig. Das wird auch daran deutlich, dass zwischen 1871 und 1888 kein einzige mal eine Landeshilfe für den Straßenbau ausgezahlt wurde.

Dass nach 1900 rund um die Städte  des Großherzogtums zahlreiche Nebenchausseen  entstanden, hat nicht allein mit der Gewährung von erst 9000 und später 11.000 Mark Förderung je Kilometer zu tun, sondern auch mit einem Beschluss von 1903, nachdem sogar für die Errichtung von Steindämmen zur Befestigung von Straßen Landeshilfen in Aussicht gestellt wurden.

Verbunden war der Straßenbau in der Regel mit einer Reihe privater Folgeinvestitionen. In Friedland entstand 1913 an der Salower Straße die Katholische Kirche. Am 28. April hatte die Stadt der Kirche rund 2000 Quadratmeter Grund und Boden zum Preis von 4 Mark pro Quadratmeter verkauft. Die Zuckerfabrik spendete 2000 Mark, die Kaufleute der Stadt zusammen noch einmal gut 500 Mark. Das Mosaikplattenwerk schenke der Kirche den Fussboden. Am. 1. Juli war Baubeginn. Oster 1914 war der Rohbau soweit fertig, dass der erste Gottesdienst abgehalten werden konnte.

1915 wurde in Friedland noch eine Kartoffelflockenfabrik

Und es ist gewiss auch kein Zufall, dass der 35-jährige Ulrich von Oertzen als Salower Gutsherr auf der seinem Gutshof gegenüberliegenden Seite des Salower Sees 1913 einen Park anlegen ließ, an dem sich seine Frau Hildegard nicht lange erfreuen konnte. Die vierfache Mutter starb 1914, gerade einmal 30 Jahre alt. Drei Jahre später heiratete der Witwer die vier Jahre ältere Schwester seiner verstorbenen Frau.

Vom Straßenbau vor 100 Jahren ist auf der Strecke zwischen Salow und Friedland nichts mehr zu sehen. Man findet keinen alten Kilometerstein und auch kein altes Kopfsteinpflaster mehr. Die Strecke ist asphaltiert.

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