Neubrandenburg setzt Panzer für den Iran instand

RWN-Akten zeigen: DDR macht Waffengeschäfte mit Freund und Feind

Das RWN wäre in diesem Jahr 60 Jahre alt geworden. Vom größten Panzerreparaturwerk bieben ein Gewerbegebiet und zehn Häuser und Hallen unter Denkmalschutz.
Das RWN wäre in diesem Jahr 60 Jahre alt geworden. Vom größten Panzerreparaturwerk bieben ein Gewerbegebiet und zehn Häuser und Hallen unter Denkmalschutz.

Neubrandenburg. Aus dem einst größten Panzerreparaturwerk Europas, dem RWN, wo einmal bis zu 5000 Menschen beschäftigt waren, wurde das Gewerbegebiet Stargarder Bruch. Zehn Häuser und Hallen stehen auf der Denkmalliste der Vier-Tore-Stadt.

Das „Antriebsrad“, die „Betriebszeitung für die Werktätigen des VEB Reparaturwerk Neubrandenburg“ hat in der Berliner Staatsbibliothek  die Zeit überdauert. Mit der Ausgabe vom 3. April 1990 hat das bis 1989 von der SED-Betriebsparteiorganisation herausgegebene Blatt sein Erscheinen eingestellt. Mit Sicherheit wäre es heute spannend, die alle 14 Tage erschienene Zeitung zu durchforsten, ebenso wie rund 12 laufenden Meter Akten der Abteilung XVIII der Bezirksverwaltung Neubrandenburg des Ministeriums für Staatssicherheit, die sich mit der Überwachung der Volkswirtschaft beschäftigte. Zu deren Bestand gehören Unterlagen über das RWN, die Auskunft über die Geschäftspartner im kapitalistischen Ausland und die Zusammenarbeit mit dem Bereich Kommerzielle Koordinierung (KoKo) geben. Darin findet man auch umfangreiche Aufzeichnungen über die Instandsetzung iranischer Panzer gegen harte Dollar, eines Geschäftes das die IMES Import-Export GmbH, eine offiziell dem Außenhandelsministerium unterstehende Firma der der KoKo eingefädelt hatte. Die IMES tätigte Waffengeschäfte mit Iran, Irak, Libyen, Argentinien, Brasilien, Peru, Ägypten, Äthiopien, Botswana und Uganda, aber auch der PLO. Sie belieferte Freund und Feind gleichermaßen.
50 T55 waren in einer „Nacht- und Nebelaktion“ in Neubrandenburg zur Hauptinstandsetzung angeliefert worden, wie aus einer Information des MfS vom 13. Mai 1988 hervorgeht. Bis dahin hatte das RWN ausschließlich für militärisches Gerät für die Staaten des Warschauer Vertrages instand gesetzt. Für diesen Auftrag wurde die sonst übliche Abnahme durch Militärspezialisten der NVA ausgeschaltet. Das führte dazu, dass man im Betrieb statt neuwertiger Ersatzteile regenerierte einsetzten. Das wiederum hatte zur Folge, dass der Iran seine Panzer laut einem Protokoll vom 30. Dezember 1988 nicht abnahm und die iranischen Inspektoren abreisten, wie der HIM Henry, also ein vom MfS bezahlter hauptamtlicher informeller Mitarbeiter, der im RWN arbeitete, am 4.  Januar 1989 seinem Führungsoffizier Major Jarschel berichtete.
Die Unterlagen der Bezirksverwaltung zu den Außenwirtschaftsbeziehungen des RWN enthalten darüber hinaus Stimmungsberichte der Belegschaft des RWN zum Irangeschäft, einen Reisebericht aus dem Irak und Berichte über die Ausbildung von Angehörigen der syrischen Streitkräfte in Neubrandenburg, Verhandlungsprotokolle mit der Firma Tensa in Buenos Aires.
60 Jahre wäre das RWN in im vergangenen Jahr geworden. 1952 hatte die 2. Parteikonferenz der SED beschlossen, auf dem Gelände der ehemaligen Torpedoversuchsanstalt in Neubrandenburg ein Instandsetzungswerk für Militärtechnik aufzubauen. Am 1. Januar 1953 begann ein Arbeitsstab mit dem Aufbau des Mecklenburgischen Industriebüro (MIB) aus dem am 1. April 1953 die Reparaturwerkstatt Neubrandenburg und am 1. Januar 1956 der VEB Reparaturwerk Neubrandenburg wurde, der nach seiner aufgrund der Wende bedingten Umstrukturierung die Neubrandenburger Maschinenbau GmbH (NEUMAB) wurde.

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