Flurname verweist auf alten Kirchenbesitz

Neubrandenburg. An der Neubrandenburger Paradiesweise in der Ihlenfelder Vorstadt stand nicht immer eine Kindertagesstätte. 1946 wurde auf ihr ein Badehaus eingerichtet, um den katastophalen hygienischen Bedingungen nach dem Krieg Herr zu werden.
Der Grundstein für den Bau des Kindergartens an der Paradieswiese, die vorübergehend auch „Platz der Solidarität“ hieß, wurde vom Neubrandenburger Stadtrat Odenthal sowie vom stellvertretenden Vorsitzenden des Rates des Kreises Neubrandenburg Tesch gelegt. Gebaut wurde die Kindereinrichtung von Lehrlingen des VEB Bauunion. Bei der Abnahme zur Fertigstellung erhielt das Lehrlingsobjekt die Note „Ausgezeichnet“.
2008/09 wurde die seit ihrem Bestehen in Trägerschaft des Deutschen Roten Kreises befindliche Kindertagesstätte nach einem von Hagen Wegner erarbeiteten Gestaltungskonzept modernisiert. Die Stadt stellte dafür insgesamt 135.000 Euro zur Verfügung, davon ein Großteil Städtebaufördermittel.
Spannend ist die Frage, warum aus der Paradieswiese ein Platz der Solidarität wurde und wann und warum die Solidarität wieder aus dem Blickpunkt der Neubrandenburger Verschwand und die Kita nun wieder an der Paradieswiese steht. Dieser Name war bereits vor dem Krieg in Gebrauch.
Einem Aufsatz des Museologen Rainer Szczesiak zur Entwicklung Neubrandenburgs zu Folge, wurden um den harmonischen Wechsel von den vierstöckigen Mietwohnungen zu den Einzelsiedlungen herzustellen, in der ersten Hälfte der 1930er Jahre an der Paradieswiese sowie an der Ihlenfelder und an der Neuenkirchener Straße Reihenhäuser mit jeweils 17 bis 22 Wohnungen errichtet. Dabei fand der Historiker heraus, dass die noch 1928 hochgelobten Ziegelbauten der Gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft dem nationalsozialistischen Siedlungskonzept nicht mehr entsprochen haben. Er bezog sich auf eine stadtgeografische Untersuchung von Karl Andreas Dahms aus dem Jahr 1938: „Die aufgelockerte Bebauung hat nur durch die viergeschossigen Mietskasernen an der Ihlenfelder Straße eine bedauerliche Störung erfahren. Welch ein Unterschied in der Aufteilung der Baublöcke! Hier die Häuser um einen engen beschatteten Hofraum gestellt, dort die Eigenheimsiedlungen der Nationalsozialistischen Kriegsopferversorgung und der Mecklenburgischen Heimstätte im weiträumigen Gärten.“
Auch unmittelbar nach dem Krieg hieß die Straße noch Paradieswiese, wie man einem Arbeitsbericht des Stadtbauamtes vom 17. Oktober 1945 entnehmen kann. Darin heißt es: „In dem Badehaus auf der Paradieswiese waren die Arbeiten soweit vorgeschritten, dass der eine Teil für den Badebetrieb ausgangs der Woche freigegeben werden konnte, doch nach einer neueren Besprechung mit dem beratenden Arzt beim Bürgermeister, Dr. Nolte, soll auch hier eine zusätzliche Entlausung eingebaut werden. Dadurch tritt eine spürbare Verzögerung ein und ist unserer Ansicht nach, wenn nicht neue Schwierigkeiten auftreten, Ende des Monats mit der Fertigstellung zu rechnen.“
Der Flurname Paradieswiese dürfte ein Hinweis au früheren kirchlichen Besitz sein, auf Grün- bzw. Weideland. Anderenorts Gibt es Paradieskoppeln, Paradieshute bzw. Paradieshut.
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