Queen spendet für Neubrandenburger Gymnasium

Schul-und Sozialstiftungen helfen in der Stadt die Armut zu lindern  

Titel des Hof- und Staashandbuchs des Großherzogtums Mecklenburg-Strelitz
Die Quelle der Statistik

Neubrandenburg. Obwohl sich die Einwohnerzahl in 100 Jahren mehr als verdoppelte und 1910 für Neubrandenburg mit 12.348 angegeben wurde, wuchs  die Zahl der Häuser nicht im gleichen Maße. Lebten die Viertorestädter 1913 in 1173 mehr oder weniger großen Häusern, waren es 100 Jahre zuvor 640. Die Stadt war nach dem Bahnanschluss 1864 über die Stadtmauern hinausgewachsen.

Zur städtischen Feldmark gehörten 6545 ha, davon 2105 ha Acker- und Gartenländereien, 1158 ha Wiesen, 285 ha Weiden und 692 ha Forst. Zum Stadtgebet gehörte aber auch das 603 ha große verpachtete Liepser Bruch mit dem Nonnenhof, wo drei Leute wohnten.

18 Einwohner zählten die Hinterste Mühle, 60 Fritscheshof, 40 Fünfeichen, 39 Monckeshof, und 12 von Eschenhof. Dazu kamen noch Kruseshof mit 18, Rochows Ausbau mit 7, Nobelings Ausbau mit  vier, der Krügerkamp mit zwei  und die Büdnerkolonie Eschengrund mit 24 Einwohnern.

Im eigenen Betrieb unterhielt Neubrandenburg ein öffentliches Schlachthaus, ein Gaswerk, ein Wasserwerk und ein Elektrizitätswerk mit eigenem Leitungsnetz. Vor den Toren der Stadt lagen 67 Scheunen.

Für den Brandschutzsorgten eine 40 Mann umfassende Berufsfeuerwehr, eine freiwillige Feuerwehr und als letztes Aufgebot eine Pflichtwehr für absolute Notfälle. In das Rohrnetz der Stadt waren 150 Hydranten eingebaut worden. Es gab eine elektrische Feuermeldeanlage, an der 18 Feuermelder angeschlossen waren.

Neubrandenburg, das vom Geheimen Hofrat Dr. jur. Adolf Pries und Rat Hugo Bruhns als Bürgermeister, den Ratsherren Ludwig Giesecke, Stadtsyndikus Dr. jur. Paul Koch, Wilhelm Metelmann und Kämmerer als Ratsherren sowie 24 frei gewählten Bürgerrepräsentanten vertreten wurde, besaß auch eine Gendarmerie-Station. Von den 14 berittenen und 17 Fußgendarmen der Landespolizei waren in Neubrandenburg ein berittener und ein Fußgendarm stationiert. Darüber hinaus gab es aber eine städtische Polizei, sozusagen das Ordnungsamt. Das Hof- und Staatshandbuch verzeichnet den Polizeisekretär Wilhelm Brinckmann sowie die Rats- und Polizeidiener Friedrich Buhrt, Paul Rusch, Ludwig Borchert, Paul Seemann und Otto Winter,  ferner einen Oberwächter, sieben Nachtwächter, einen Wallwächter, einen Feldhüter und drei Waldläufer.

Die Post unterstand Postdirektor Albert Reinhardt. Postinspektor war Karl Wiese, Oberpostsekretär Rechnungsrat Friedrich Plessen, Obertelegrafensekretär Hermann Busecke. Ihnen folgten in der Hierarchie sechs Postsekretäre, 14 Oberpostassistenten, darunter mit Karl Schacht als Telegrafenbauführer, fünf Postassistenten, 10 Telegrafengehilfinnen, sieben Oberpostschaffner, ein Oberbriefträger, ein Oberleitungsaufseher, elf Postschaffner, 13 Briefträger, zehn Landbriefträger, zwei Leitungsaufseher 2. Klasse, ein Postbote und ein Jugendlicher Telegrammbesteller.

In Neubrandenburg praktizierten zehn Ärzte, drei Zahnärzte, ein Wundarzt 2. Klasse, ein Heilgehilfe, zwei Tierärzte, wobei mit Ewald Agerth einer gleichzeitig Direktor des Schlachthofes war. Darüber hinaus gab es zwei Apotheken und fünf Hebammen, alle ordentlich verheiratet . Neubrandenburgs Ärzte waren übrigens alle promoviert.

Sehr gut ausgebildet waren auch die Pädagogen. Von den 22 Angehörigen des Lehrköpers des Gymnasiums und der lateinlosen Realschule trugen fünf den Titel eines Professors, drei weitere waren promoviert, und mit Otto Vitense verfügte man über einen hervorragenden Geschichtslehrer. Seine 1919 veröffentlichte Geschichte von Mecklenburg gilt auch 94 Jahre nach ihrem Erscheinen noch als (bisher) letzte bedeutende landesgeschichtliche Gesamtdarstellung.

Relativ jung am Start war die Höhere Mädchenschule, die als solche erst am 5. Oktober 1911 durch die Abteilung für Unterrichtsangelegenheiten des großherzoglichen Ministeriums anerkannt worden war. Unter Direktor Ernst Gärth und Konrektor Otto Maaß unterrichteten zehn Lehrer, darunter sieben Lehrerinnen, die zehn vorhandenen Klassen.

In der Stadt widmeten sich drei Stiftungen Schul- und Studienzwecken. Neben der vom Rentier Gustav Götz 1894 errichten Stiftung, die sich der Ausbildung von Kindern unbemittelter jüdischer Eltern annahm und vom Vorstand der jüdischen Gemeinde verwaltet wurde, gab es die Sucrowsche Stiftung von 1841, die der Stettiner Kaufmann Julius Sucrow mit 100 Talern in Leben gerufen hatte und die 1913 über ein Vermögen von knapp 600 Mark verfügte. Sie stand ebenso unter der Verwaltung des Magistrats wie eine 1763 von der englischen Königin Charlotte initiierte Stiftung. Ihre 900 Taler in Gold waren durch Herzog Adolph Friedrich IV. (Dörchläuchting) um 1000 Taler sowie um 100 Taler von Schlosshauptmann Werner Stephan von Dewitz aufgestockt worden. Das Vermögen betrug vor 100 Jahren fast 46.000 Mark.

Neben den Schulstiftungen gab es auch verschiedene soziale Vermächtnisse. So verwalteten die Pastoren der Marienkirche das 1800 gestiftete Beckmannsche Legat von 3000 Talern Gold für verschämte Arme. Die von Staatsrat von Lorentz 1868 mit 16.000 Talern in Silber ins Leben gerufene Stiftung hatte die Unterstützung unverschuldet hilfsbedürftiger Personen der gebildeten Stände zum Ziel. Der Bürger-Hospital-Verein, dem 1870 durch die Stadt der St. Georg überlassen worden war, verfügte über ein Vermögen rund 60.000 Mark.  Der Verein bot älteren Mitgliedern zumindest  Wohnung, teilweise auch Unterhalt und Pflege. Darüber hinaus gab es seit 1872 das von Ahrenstorffsche Legat in Höhe von 3000 Mark zur Linderung unverschuldeter Not bei der arbeitenden Klasse und den kleinen Handwerkern, die Stiftung für freie Kur im Krankenhaus und die Pommerening-Stiftung für Chirurgen. Sie gewährte ihren ältesten Mitgliedern Beihilfen zum Lebensunterhalt.

Die Gymnasiallehrerwitwen erfuhren Hilfe von der 1866 ins Leben gerufenen Johann-Heinrich-Voß-Stiftung, die anlässlich des 100. Jahrestag des Eintritts von Voß als Schüler des Neubrandenburger Gymnasiums gegründet worden war. Ihr Vermögen betrug vor 100 Jahren mehr als 16.000 Mark.

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